Monte Scinauz
Samstag, 8. Oktober 2016
Zeitreise in den Kalten Krieg
Von der Autobahn aus dem Kanaltal sowie von den ganzen umliegenden Gipfeln aus, stechen immer wieder die großen Gebäude auf dem Monte Scinauz ins Auge. Auf den Karten sucht man sie vergeblich – Google Earth ist da schon aufschlussreicher und die ein oder andere Beschreibung im Internet ist mittlerweile auch zu finden. Und zwar war am Monte Scinauz eine Nato Basis zur Überwachung des Luftraums im Osten. Während des Kalten Kriegs dürfte der Monte Scinauz einer der östlichsten Punkte für die Nato gewesen sein, Österreich neutral, Deutschland geteilt. Von Friaul hatte man den Ostblock schön vor der Nase. Die Basis war bis zum 10.10.2003 besetzt und bequem mit einer Seilbahn aus dem Tal erreichbar. Die Seilbahn ist mittlerweile abgebaut, nur die Gebäude am Gipfel sind dem Verfall preisgegeben …
Start in Santa Caterina
Mit einer sehr durchwachsenen Wettervorhersage war genau der richtige Tag für eine Erkundungstour auf den „geheimen“ Berg gefunden. Wobei auch bei Schönwetter soll es ja vom vom Gipfel eine schöne Aussicht in alle Himmelsrichtungen geben. Mit Santa Caterina als Startpunkt ergibt sich eine Tour des Verfalls. Zuerst geht’s zum gleichnamigen Bahnhof (in Santa Caterina dürften 10 Leute wohnen). Der ist genau auf eine Brücke zwischen zwei Tunnel gebaut, die Gleise kommen für ca. 200m aus dem Berg hinaus. Der Bahnsteig ist so kurz, dass die Hälfte im Tunnel ist. Natürlich ist der Bahnhof nicht mehr in Betrieb, wahrscheinlich waren zum Bauzeitpunkt ein paar EU Fördergelder übrig, anders kann man sich so ein Unsinn nicht erklären.
Aufstieg
Die eigentliche Tour beginnt aber weiter südlich, es wird das breite Bachbett gequert und man gelangt auf eine flache Wiese. Hier zweigt recht schnell rechts ein Weg ab, dieser ist auch auf der Karte gestrichelt eingezeichnet. Es geht zuerst in Serpentinen, dann steil durch den Wald hinauf in Richtung Monte Pin. Markierungen aller Art sind hier vorhanden und der Weg ist auch meistens gut zu sehen. Vor dem Monte Pin verengt sich der Rücken und es kommt eine kleine Felsstufe die in leichter Kraxelei und mit „Drahtsicherung“ überwunden wird. Direkt vor der Stufe findet sich rechts unten eine Kaverne. Der Erste Weltkrieg hat auch hier nicht Halt gemacht.
Weiter geht’s durch den Wald, immer steiler bergauf. Einen Weg gibt es kaum noch, aber ausreichend Markierungen. Nach wiederum einer kleinen Felsstufe ist ein schmaler freier Rücken erreicht dem man weiter in Richtung Monte Ghisniz folgt. Bei ca. 1750m muss dieser Rücken aber verlassen werden und der Weg führt in die geröllige Südflanke. Durch die vorhandenen Steinmännchen ist der Steig mit etwas Gespür gut zu finden. Der weitere Weg quert jetzt die zum Teil extrem brüchige Flanke. Teilweise ausgesetzt, aber nie schwer, muss auch die ein oder andere Rinne überwunden werden. Nachdem man eine Rinne nach links durch einen Seitenast verlassen hat, muss man immer noch weiter nach Westen queren um irgendwann den auf der Karte tiefsten Punkt zwischen Ghisniz und Monte Scinauz zu erreichen. Hier wechselt man auf die andere Gratseite welche zu einem Rinnensystem leitet, durch dass der Gipfel erreicht wird. Hier leiten morsche „Seile“ den Weg.
Am Gipfel des Monte Scinauz
Der Gipfel ist gespenstisch, das halbe Dach der Seilbahnstation liegt herunten und alles was nicht betoniert wurde, ist abgebaut. Bei der Mannschaftsunterkunft finden wir die Möglichkeit einzusteigen. Drinnen ist alles ausgeräumt, nur ein Kalender von 2003 mit „fine“ am 10.10. hängt an der Wand. Im Tunnel sind dann sogar Gleise verlegt. So konnte die Versorgung auch im tiefsten Winter problemlos erfolgen. Der Gipfel ist dann eingeebnet, der abgesägte Ständer der Radaranlage zeugt noch von der eigentlichen Aufgabe der Station.
Fazit
Als reine Bergtour gibt es sicher schönere Sachen. Obwohl die Querung in der wilden Flanke und der Ausstieg auf den Gipfel sehr schön sind, hat man doch erstmal 1100m im steilen Wald zu überwinden. Dafür bietet der Monte Scinauz ein Gipfelerlebnis der anderen Art und das lohnt sich auf jeden Fall mal anzuschauen. Ausserdem ist bei gutem Wetter die Aussicht sicher super. Auch die ganze Hässlichkeit von Pontebba lässt sich gut betrachten.
Die Schwierigkeiten in der Flanke halten sich in Grenzen, man muss halt in extrem brüchigen Fels und Schotter queren. Dann folgen ein paar Meter zum Kraxeln am Übergang zum Hauptgipfel, auch hier etwas ausgesetzt aber nie schwer.
GPS Track
Maximale Höhe: 2011 m
Minimale Höhe: 656 m
Gesamtanstieg: 1572 m
Gesamtabstieg: -1576 m